nach dem Heilpraktikergesetz
Die Angst ist so alt wie der Mensch selbst. Angst hat dafür gesorgt, dass wir heute noch nicht ausgestorben sind und unsere Spezies weiter fortbesteht. Die Ursache von Angst kennen die meisten von uns.
Evolutionär betrachtet:
Urzeitmensch geht auf die Jagd, ein Säbelzahntiger kreuzt seinen Weg. Um schnellst möglich weg zu kommen setzt unser Nervensystem Botenstoffe frei. Unser vegetatives Nervensystem schmeißt alles in Gang was unser Überleben sichert. Das Herz rast los, Blutdruck steigt, Muskeln werden gut durchblutet usw. Alles steht auf Angriff oder Flucht. Dafür ist unsere Angst da. Eine Situation wird (in unserem Köpfchen) bewertet und die Reaktionskette startet. Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen real existent oder nur in sensu (Empfindung/Gefühl) entstanden. Es wäre ja auch fatal, wenn jedes Mal erst geprüft werden muss, ob es real oder eben aus unserem Kopf erdacht ist.
Wir wären alle längst ausgestorben.
Soweit so gut. Jetzt lauert in unserem Alltag doch aber gar nicht mehr so viel Gefahr….“Wie bitte?!“ werden jetzt einige von euch aufschreien. Verkehr, Attentäter, Krankheit und von der Leiter fallen, sind das denn keine Gefahren??! Doch doch, wenn man es so betrachtet, ist selbst ein Stück Brot zu essen lebensgefährlich (man könnte ja dran ersticken). Nur die Frage ist: will man sich jeden Tag mit sämtlichen Eventualitäten im Kopf quälen, wie man demnächst umkommt oder ein anderes Ereignis erlebt (je nach Angstausprägung)? Die Wahrscheinlichkeit das genau das passiert ist schwindend gering. Am Ende schlafen wir dann doch friedlich mit 87 Jahren ein und die ganze Sorgerei war völlig umsonst. Sollte der Fall aber doch eintreten und die größte Angst wird bestätigt, hätte man es durch vorheriges ängstlich sein verhindern können? Die Frage sollte sich jeder einmal selbst stellen.
Unser aller Ziel ist doch das glückliche Leben. Und nicht jeden Tag in Angst, Sorgen oder Zwängen zu leben.
Aus meiner Ausbildung/Arbeit als Heilpraktikerin für Psychotherapie aber auch durch einschlägige Lektüre und Recherche habe ich folgende Tipps und Denkanstöße zusammengetragen.
Verbinden wir doch ein unangenehmes Thema mit etwas Schönem und vergleichen mit einem Tag am Meer.
Wellengang:
Erinnerst Du Dich…der unendliche Ozean mit seinen Blautönen, der weiter hinten liegenden, glatten Oberfläche. Die Wellen die mal leise und mal tosend am Ufer ankommen. Und nun stellen wir uns vor Du liegst direkt in der Brandung. Die Angst ist wie das Meer. Es kommt in Wellen und strömt auf Dich ein. Wir versuchen krampfhaft diese Welle von uns fern zu halten. Wir graben uns vielleicht im Sand ein oder laufen so schnell wir können am Strand entlang um bloß nicht erwischt zu werden. Und trotzdem erwischt sie uns. Das schlimme ist nicht die Welle (die Angst) die kommt, sondern die Versuche die wir unternehmen um der Welle auszuweichen. Das ist anstrengend und belastend und erzeugt eine Menge Druck. Also: zu- und kommen lassen. Die unangenehmen Gefühle aushalten und zusehen wie sie auch wieder abebben.
Sand in der Hose:
Gerade frisch eingecremt und schon wieder klebt uns der Sand zwischen den Zehen oder im Badedress. Der Schirm steht auch nicht mehr optimal und nun bekommst Du die Sonne genau ins Gesicht. Der Strandnachbar hat nervige Musik an, die er gerne mit der gesamten Touristenschar teilt. Wie blöd. Ja so ist das Leben manchmal, das lässt sich nur schwer ändern. Es geht um unseren Fokus. Wollen wir immer und überall das nervige oder Angst machende sehen?! Trainiere deinen Blick auf die Dinge die toll sind, bezogen auf Ängste heißt das: Deine Stärken zu erkennen und auf deine Verlässlichkeit dir selbst gegenüber zu bauen. Was hat bereits gut geklappt? Wann konntest du mit einer angstbesetzten Situation bereits gut umgehen? Lege deinen Fokus auf die guten Dinge, die bereits funktionieren.
Die große Weite:
Das Meer ist schon so lange da. Das Sandkorn auf dem ich liege, wo auf der Welt ist das wohl schon alles gewesen und wie alt ist es? Ein toter Fisch treibt im Wasser und die Wolken entstehen und verschwinden. Alles ist im Fluss. Wir leben, wir sterben. Wir sind ein Teil eines großen Ganzen. Unser Dasein ist endlich. Wer beschäftigt sich schon am Strand mit der eigenen Endlichkeit aber diese anzunehmen- macht ruhiger. Irgendwann passiert es. Nur wie und wann wissen wir nicht. Da ist es doch deutlich schöner, die uns verbleibende Zeit ohne ständige Angst zu verleben.
Ich gebe zu, das war jetzt eher ein wenig poetisch und sicher auch sehr weit hergeholt, erst recht für Menschen, die mit ihren Ängsten, Phobien oder Sorgen echte Probleme im Alltag zu bewältigen haben. Ich möchte damit vermitteln, wie klein solche Themen erscheinen können, wenn man es im großen Kontext annimmt und darauf vertraut, dass auch alles gut werden kann.
Nichts desto trotz möchte ich gerne noch was alltagstaugliches dalassen.
Wenn die Angst kommt (egal, ob durch Angst vor Hunden, vorm Fliegen oder vielleicht vorm sprechen vor anderen Menschen) gibt es nach meiner Erfahrung zwei Stadien:
Ich spüre latente Angst. Sie kommt leicht und schwappt immer wieder auf (wir erinnern uns an die Welle). Unsere Gedanken beginnen, meist sehr unterbewusst, die eingefahrenen Gedankenbahnen abzufahren. Unsere Aufmerksamkeit driftet immer wieder in Richtung Angst oder fokussiert die Angst auslösenden Gegenstände/Situationen.
Komm in die Bewegung. Versuche dich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Komm ins Gespräch mit anderen Menschen (falls nicht gerade eine soziale Phobie dein Problem ist). Mach etwas, dass deinen Gedankenkreislauf immer wieder durchbricht. Auch Kopfrechnen kann helfen.
Schau dich genau in deiner Umgebung um. Was ist alles rot. Zähle die Dinge in deinem Kopf auf. Oder welche Geräusche hörst du. Zersetze die gesamte Geräuschkulisse.
„Ok Angst, dann mal los. Ich lasse dich zu. Ich halte das aus.“ Alleine das auszusprechen kann für ein abebben und abklingen der Angst sorgen.
In einer bspw. rational-emotiven Verhaltenstherapie lernst du Bewertungen umzuformen. Aus „ich werde sterben, keiner kann mir helfen“ wird zb. „Ich schaffe das. Ich habe schon andere Situationen ohne zu sterben gemeistert.“ Diese neuen Muster werden trainiert und gehen schließlich in dein gewohntes Denkmuster über. Die Angst verschwindet. (Sehr vereinfacht dargestellt.)
Die Panik ist da! Die Angst hat dich mitgerissen und du fühlst dich schon völlig verloren und hilflos. Dein Herz rast, der Mund ist trocken, die Brust schnürt sich zu.
Was jetzt helfen kann:
Hier hat sich die 4-6-6 Atmung bewährt. Atme 4 Sekunden ein- halte 6 Sekunden- 6 Sekunden ausatmen. Wiederholen bis du merklich ruhiger wirst.
Der Magen wird beschäftigt und kauen baut Stress ab. Wenn wir gerade essen können, können wir ja wohl kaum in großer Gefahr sein. So tickt unser Nervensystem.
Wenn die Angst schon mal da ist, dann begrüße sie. „Hy da bist du ja endlich. Na dann mach mal und dann wirst du auch wieder von alleine weggehen.“ So oder so ähnlich.
Ängste sind ein großes Thema unserer Zeit und viele von uns sind betroffen und teilweise schon erheblich eingeschränkt. Auch wenn ich manches mit Leichtigkeit oder gar einem Augenzwinkern beschreibe, möchte ich diese Themen auf keinen Fall verharmlosen.
Jeder von uns sollte in der Lage sein, seine Lebensqualität zurück zu erlangen oder zu verbessern. Es braucht manchmal ein bisschen Unterstützung und Hilfe aber es ist zu schaffen. Und man braucht dafür auch nicht immer Jahre oder muss seine tiefsten Wunden wieder aufkratzen.
Diese Tipps sind eher eine Überbrückungslösung bis du gelernt hast mit deiner Angst zu leben und umzugehen. Bis deine Bewertungen funktional und nicht katastrophisierend sind.
In dem Sinne wünsche ich viel Kraft für den Weg aus der Angst/Phobie, zurück in ein gesundes Leben. Solltet ihr Fragen zum Thema haben oder auch einen individuellen Rat benötigen, schreibt mir.