Wie lass ich das Verhalten anderer nicht an mich rankommen? Mein Weg zur gesunden Abgrenzung

Wer kennt das nicht, ein blöder Kommentar von der Kollegin und man trägt den Rest des Tages dieses Thema mit sich rum. Der Partner ignoriert, dass man seine Unterstützung gebraucht hätte und man führt stundenlange innere Dialoge, in denen man sich fragt, warum mein Gegenüber bitteschön so ein Blödmann ist.

An richtig schlechten Tagen reicht bereits die grummelige Schnute der Verkäuferin an der Kasse, um uns zu fragen was wir denn bitte der Welt getan haben.

Bei ca. 7,53 Milliarden Menschen auf der Welt, gibt es immer einen der uns den Tag vermiesen kann.

Wie also kann ich mich dazu abgrenzen und mich von derartigen Vorkommnissen nicht mehr emotional beeinflussen lassen? Und das ganz ohne sich für immer in ein einsames Waldhaus zurückzuziehen, seinen Job zu kündigen oder sich scheiden zu lassen respektive sich von seinem (ach so unaufmerksamen Partner) zu trennen?

Ich verrate hier gerne das Geheimnis (was eigentlich keines ist). Drei Worte:

DIE BEWERTUNG MACHTS!

Aber wie entsteht überhaupt erst diese Art des Bewertens und wie schafft man durch Veränderung dieser bewertenden Gedanken, das Verhalten der anderen bei ihnen zu lassen und es nicht auf sich zu beziehen?

1. Andere Blickwinkel zulassen

Folgende Situation ereignet sich: Im Restaurant. Du und deine Begleitung wollen Platz nehmen, eine freundliche Bedienung kommt auf euch zu und du sagst ihr seid zu zweit und hättet gerne diesen Tisch da vorne. Du zeigst auf einen freien, nicht reservierten Tisch. Die Bedienung allerdings zeigt kommentarlos auf einen anderen und sagt: „gehen sie doch gerne an den Tisch da vorne.“ Fragst du dich warum sie deinen Wünschen nicht entsprechen wollte? Fühlst du dich vielleicht sogar nicht genügend gewertschätzt?

Am zugewiesenen Platz angekommen fragst du dich warum du dich nicht durchgesetzt hast und warum du dich überhaupt so übergehen lassen hast. Vielleicht steigerst du dich immer mehr rein.

Schließlich beschließen du und deine Begleitung doch aufzustehen und den ursprünglich gewollten Platz einzunehmen. Zufrieden, dass du doch Stärke bewiesen hast und nun dort sitzt wo du sitzen willst, kann nun der entspannte Teil beginnen.

Dieser Platz ist aber leider alles andere als entspannend. Er liegt mitten in einem Durchgang zwischen Salatbuffet, Telefon an dem die Sitzplatzbuchungen eingehen und der Kasse, wo die Bedienungen die Rechnungen ziehen. Was will ich damit sagen? Die Bedienung hat ganz offensichtlich einen anderen Tisch für dich gewählt, damit du genau diesen Trubel nicht abbekommst. Dieser Grund kam dir aber überhaupt nicht in den Sinn, sondern lediglich die Tatsache, dass sie das tut um dich zu bevormunden. Ändere in solchen Situationen den Blickwinkel. Ist es die einzige logische Erklärung warum es ist wie es ist? Oder ist es nur DEINE ganz eigene? Lass andere Begründungen zu.

2. Nicht alles dreht sich nur um dich

Die Spezies Mensch neigt dazu anzunehmen, dass alles was im unmittelbaren Umfeld passiert, auf ihn zurückzuführen sei. Ist mein Partner schlecht drauf habe ich vielleicht etwas falsch gemacht oder bin möglicherweise sogar gar nicht mehr attraktiv für ihn. Das er einfach nur seine ganz eigenen Themen hat mit denen er sich beschäftigt ziehen wir oft gar nicht in Betracht. Achte einmal bei dir selbst drauf. Wann verhältst du dich deinen Mitmenschen gegenüber eher offen und freundlich? Wenn du gut oder, wenn du schlecht drauf bist? Jemand der bei sich ist, der gerade glücklich und zufrieden mit sich ist, wird viel weniger unfreundlich oder in sich gekehrt seinen Mitmenschen gegenübertreten. Leg in solchen Momenten nicht alles auf die Goldwaage. Du hast sehr wahrscheinlich nichts damit zu tun. Und wenn doch, liegt es an deinem Partner offen und ehrlich anzusprechen, was ihn gerade stört.

3. Frontalangriff wegstecken

Ok, ich gebe es zu, das waren bisher ja noch die charmanteren Abgrenzungsbereiche. Was aber ist mit den wirklich fiesen, die man unverblümt und direkt vor den Bug geknallt bekommt.

Die spitzen Kommentare zb. am Arbeitsplatz. Hierzu möchte ich sagen, auf der Arbeit herrscht nochmal ein ganz anderes Klima. Hier ist jeder Einzelne, permanentem Leistungsdruck, Loberhascherei, Wunsch nach Anerkennung, Enttäuschungen, Kritik usw. ausgesetzt.

An einem Ort an dem Unwissenheit oder Leistungsdefizite gleichbedeutend mit Ablehnung stehen, will jeder möglichst nicht im Fadenkreuz stehen.

Hier können Sticheleien, lästern oder sogar Mobbing als Kanal genutzt werden. Dazu, um selbst mit dem Druck klar zu kommen. Das ist leider kein sehr symphytischer oder gar liebenswerter Weg aber für manche eben der einzige.

Sich das klar zu machen kann schon viel abmildern. Macht also der Kollege (m/w/d) einen dummen Spruch sagt das nichts über mich aus. Dafür aber umso mehr über den Absender.

Das soll nicht heißen, dass du fehlerfrei bist und alles was du machst sei immer nur toll. Aber, wenn es was zu beanstanden gibt, kann ein aufgeräumter Mensch dir das ganz in Ruhe und in bester Absicht mitteilen. Und nicht durch gemeine, zynische oder ironische Bemerkungen.

4. Die liebe Familie

Gerade weil man sich in diesen Kreisen eigentlich liebhaben sollte, wird es oft emotional schwierig und holprig.

Nehmen wir den Klassiker zwischen Mutter und Tochter. Tochter hat nun selbst Kinder und Oma füttert die lieben Kleinen gerne mit allerlei Zuckerzeug. Das hat zur Folge, dass die Kinder abends nochmal voll aufdrehen und nicht in den Schlaf kommen. Jeglicher Versuch der Oma zu erklären, was der Zucker mit den Kindern macht, geht gefühlt da rein und da raus. Betrachten wir also Oma´s Beweggründe: Oma hat nun endlich mal eine Rolle in der sie keinen Druck hat, alles richtig machen zu wollen oder müssen. Sie will einfach nur geliebt werden. Die Kinder freuen sich, wenn es Schokolade gibt! Da wird kurzerhand ausgeblendet was diese mit den Zähnchen, potentiellem Übergewicht und eben den Nerven der Mama machen kann. Hauptsache Oma ist die Beste.

Das wiederum treibt Mama in den Wahnsinn. Sie fühlt sich selbst wieder wie das kleine Kind, wo die Mutter entscheidet, was richtig für IHRE Kinder ist. Nämlich (in diesem Beispiel) Schokolade.

Wie kann man diese beiden Bedürfnisse nach Annahme nun überein bekommen?

Vielleicht gebt ihr der Oma einfach eine Tüte gesündere Alternative mit und sagt die Kinder stehen total drauf. Vielleicht klappt es ja zukünftig – statt Schokolade.

In jedem Fall kann ein offenes, bedürfnisnahelegendes Gespräch helfen. Anstatt immer wieder zu schlucken oder in Wutausbrüche hinter verschlossenen Türen zu verfallen.

Dieses Thema zu beschreiben ist schwierig. Wie immer hat hier jeder seine ganz eigenen wunden Punkte. Vielleicht habe ich auch so gar keinen bei dir getroffen und du hast ganz andere Situationen in denen du emotional reagierst und es lieber gelassen nehmen würdest.

Ganz übergeordnet kann ich zusammenfassen:

  • Kann es auch einen anderen Grund für das Verhalten eines anderen geben?
  • Jeder einzelne strebt nach maximaler Anerkennung, Sympathie für seine Person und dem Schutz seines eigenen Raumes.
  • Auch wenn man es nicht immer eins zu eins nachvollziehen kann, wie sich jemand verhält, tut er es FÜR SICH und nicht GEGEN UNS.
  • Bist du stabil und zufrieden prallen derartige Dinge sehr viel besser an dir ab.

Schlussendlich trifft folgende Aussage eigentlich so ziemlich ins Schwarze:

„Wenn Du bereit bist, das Verhalten anderer dir gegenüber als eine Reflexion ihrer Beziehung mit sich selbst anzusehen und nicht als eine Aussage über deinen Wert als Mensch, löst du dich von dem Verlangen, darauf reagieren zu müssen. „

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